Am 21. Mai diesen Jahres erhielten wir eine interessante Anfrage, ob es möglich sei, mit unseren Tieren zu arbeiten, um Praxisstunden für den Abschluss einer Ausbildung zum „Trust Technique Practitioner“ zu sammeln. Hinter dieser Anfrage steckte die 29-jährige Lippstädterin Sarah Busch. Die einzige Voraussetzung, so schrieb sie, sei die Übungseinheiten zur Anerkennung der Ausbildung filmen zu dürfen.
Bei der Trust Technique® handelt es sich um eine Achtsamkeits-Methode, die bereits vor mehr als 15 Jahren von dem Engländer James French entwickelt wurde. Sie eignet sich vor allem für Tiere und Menschen, die kleine und große Traumata bewältigen oder eine vertrauensvollere Beziehung aufbauen wollen.
French‘ eigene Lebenserfahrung gepaart mit der Erkenntnis, dass die Mischung aus Heilung und Kommunikation auf ganz einfache Art und Weise die Mensch-Tierbindung stärkt, haben dazu geführt, dass er seine eigene Methode entwickelt hat. Die Stärkung der Beziehung hat automatisch einen positiven Effekt auf das Leben von Mensch und Tier.
In der Trust Technique® geht es zunächst darum, die Gedanken von Mensch und Tier zu reduzieren. Wir orientieren uns dabei an einer Skala von 0 – 10, den sogenannten „Thinking Level“. Das Level 0 bedeutet, dass das Tier tief schläft. Auf Level 10 wäre das Tier voller Panik und könnte uns gar nicht zuhören. Durch Fokussierung und Reduzierung unserer eignen Gedanken, holen wir das Tier auf seinem Level ab und laden es ein, gemeinsam mit uns die Gedanken runter zu fahren.
Hier hat das Tier die Möglichkeit (traumatische) Erlebnisse zu verarbeiten und loszulassen. Bei vielen Tieren äußert sich dieses Verarbeiten in Kaubewegungen oder Gähnen. Auch hier steht immer der gegenseitige und achtsame Umgang miteinander im Vordergrund.
Ist erst einmal eine vertrauensvolle Beziehung im Miteinander aufgebaut, kann die Trust Technique® auch in alltäglichen Situationen eingesetzt werden, um diese besser zu bewältigen („Realization Learning“) oder um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufzubauen („Trusted Cooperation“).
Interessiert luden wir Sarah für das Pfingstwochenende ein und im Gespräch wurde schnell klar, dass einer Arbeit mit unseren Tieren nichts im Wege stände.
Sarah ließ sich bereits als kleines Kind von den sanften Riesen begeistern und anziehen und schon früh durfte sie die ersten Reitstunden nehmen und den Umgang mit Pferden lernen. Mit der Zeit erfüllte sie sich schließlich dann auch den Traum vom eigenen Pferd.
Ihr Pferd Mio war bereits von Anfang an nicht leicht zu händeln und suchte nur wenig Nähe. Durch eine Sehnenverletzung setzte sich Sarah dann mit der Trust Technique® auseinander, von der sie vorher schon einmal etwas gehört hatte, um trotz der Verletzung sinnvoll Zeit mit ihrem Pferd verbringen und Vertrauen zu Mio aufbauen zu können.
„Unumgänglich für das Aneignen der Trust Technique ist es, zuerst selbst Achtsamkeit zu lernen“, so erzählt Sarah im Gespräch. „Ein erster Einstieg kann dann durch einen Online-Kurs oder durch eine Übungseinheit mit einem ausgebildeten Practitioner erfolgen“, so weiß sie mittlerweile aus Erfahrung. Um „Practitioner“ werden zu können, benötigt man Einheiten, um jemandem zu zeigen, wie die Trust Technique funktioniert. Auch dies möchte Sarah gerne bei uns umsetzen und wir freuen uns, hierdurch auch langfristig mit der Methode arbeiten zu können. James French selbst hält ebenso Vorträge in verschiedenen Ländern und lädt ein, sich einmal mit der Trust Technique zu befassen.
Durch die Arbeit mit Mio konnte sich dieser fallen lassen und Vertrauen zu Sarah fassen. Auch mit den Pferden zweier Bekannter konnte Sarah Erfolge im Zusammenspiel mit der Trust Technique erzielen. In der Arbeit mit einem äußerst unentspannten Pferd konnte dieses das Vertrauen fassen, um sich wieder reiten zu lassen und nun herrsche ein tolles Miteinander zwischen Reiter und Pferd, wie sie uns berichtete. Wichtig sei es, im Tempo des Tieres zu agieren und auch etwas Geduld mitzubringen.
Xilido (siehe Foto), mit dem sie unter anderem bei uns auf dem Gnadenhof arbeitet, sei auch so ein Fall gewesen: Der Lusitano-Wallach hätte sich am Anfang nur schwer damit getan, sich fallen zu lassen, mittlerweile wäre er aber voll bei der Sache, wenn sie auf die Koppel käme und genieße die Einheit immer sehr. Und auch die anderen Pferde aus der Herde würden sich gerne anschließen und mit trusten.
Die Narben am Körper und auf Xilidos Nasenrücken lassen uns nur ahnen, was er in seinem früheren Leben erlebte. Bei Pferden, die aus Spanien oder Portugal importiert werden, kann man oft gerade die Narben auf dem Nasenrücken finden. Sie stammen von einer Zäumung, die in groben oder unerfahrenen Händen zu furchtbaren und schmerzhaften Verletzungen führen kann. Xilidos Vorbesitzer berichteten uns, dass sie ihn in einer Herde von Pferden gefunden haben, als sie eigentlich ein anderes Pferd kaufen wollten. Menschenscheu und voller Angst ging er völlig unter in der Herde und es war wohl sein Schicksal, dass er ausgerechnet an diesem Tag auf diese zwei Menschen traf, die sich der Herausforderung stellen wollten, diesem traumatisierten Pferd eine Chance zu geben. Als er 2017 zu uns kam, war tief in seinem Inneren immer noch diese Skepsis zu spüren und man sah in seinen Augen immer noch eine ganz tiefe Traurigkeit, die es ihm offensichtlich verbot, ein Pferd zu sein, dass aus sich herauskommen und über sich hinauswachsen darf. Wir freuen uns daher sehr, das große Glück zu haben, Sarah mit ihm arbeiten lassen zu dürfen.
Sarahs Homepage: equibu-coaching.de
Trust Technique: trust-technique.com